Rüdiger Plantiko

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Unter diesem aufmunternden Titel, dem ich gefühlt sofort zustimmen konnte, schrieb Nicolas Hénin, nach eigenen Angaben für sechs Monate Geisel des IS, einen Kommentar im Guardian.

Leider hielt meine aufgemunterte Stimmung nicht lange an, als ich folgendes lesen musste:

Angesichts der Reaktionen auf ihr Blutbad werden die IS-Terroristen jubeln: "Wir werden gewinnen!" Sie werden Kraft schöpfen aus jedem Anzeichen von Überreaktion, von Spaltung, von Furcht, von Rassismus, von Fremdenfeindlichkeit.

Wirklich? In Wahrheit jubeln sie, weil jedes Zeichen von echter europäischer oder deutscher Geschlossenheit, von patriotischem Zusammenstehen sofort reflexhaft als Rassismus und Fremdenfeindlichkeit gebrandmarkt wird. Sie lachen sich ins Fäustchen ob der Dummheit des Westens, voller Grimm jedes kleinste Zeichen von Zusammenstehen, das eben auch klare Grenzen gegenüber dem Fremden, dem Invasoren aufzeigt, erbittert zu verfolgen. Die Gemeinsamkeit, die Hénin beschwört, ist eine dünne, blutarme, rein formale Gemeinsamkeit, der es genügt, wenn die Strassenverkehrsordnung eingehalten wird, eine nichtssagende Gemeinsamkeit, in der die Islamisten schwimmen wie der Fisch im Wasser und in der auch Nihilisten wie die Autoren des Magazins Charlie Hebdo mitschwimmen – für deren Journalisten schon ein Gebet für Paris nicht zu ertragen, zuviel des Eigenen - ja, sagen wir es: zuviel des Guten! - ist:

...thank you for #prayforParis, but we don't need more religion! our faith goes to music! kisses! life! Champagne and Joy! ~@PeterKunz

Nein, wir brauchen nicht "keine Religion", sondern einfach nur: keinen Islam – zuerst einmal ganz einfach deshalb, weil er nicht unsere Religion ist! Und es ist eine Unterstellung, dass das Christentum in einem Widerspruch zu Musik, Küssen und Leben stünde: die Kirche hat keine Fatwen erlassen, die das Musizieren bestrafen, sondern sie hat selbst die Entfaltung einer wunderbar innigen Musik voller Tiefe vorangetrieben - ohne Gregorianik hätte es auch nicht die weltweit und weltgeschichtlich einzigartigen musikalischen Höhepunkte des Barock und der Klassik gegeben! Nicht nur die Musik - alle Formen der Kunst wurden immer wieder neu impulsiert und belebt durch das Sakrale, durch den tradierten und gelebten Glauben.

Und zur Liebe (der geschlechtlichen, die hier gemeint ist): gerade weil Liebe mehr ist als nur ein frei schweifendes Herumvögeln, je nachdem wie und wann die Triebe in einem aufsteigen, sondern weil sie wertgeschätzt und gehegt wird durch eine vertrauensvolle Beziehung von Mann und Frau zueinander, wird sie in der Kirche durch ein Sakrament geheiligt. Und der verdirbt das Leben nicht, sondern adelt es, der darauf hinweist, dass das Leben vor allem Verantwortung ist - und dass der höchste Genuss darin liegt, diese Verantwortung wahrzunehmen, und nicht - wie es vordergründig scheinen mag - die Nächte mit Champagner und faire l'amour durchzubringen. Wobei auch ein Glas Champagner für besonders feierliche Momente in unserer Religion nicht verboten ist.

Wenn aber nur noch die Musik, das Küssen und der Champagner das Leben bestimmen, wenn die Verantwortung für das Bewahren und Fortpflanzen unserer eigenen Tradition verlorengeht, wenn wir auch nicht mehr zu etwas Höherem aufschauen wollen als wir selber es sind, wenn wir den Hedonismus, in dem wir uns so bequem eingerichtet haben, mit liberalen Federn aufhübschen, wenn wir das Kapital aufzehren, das unsere Väter uns überantwortet haben, statt es in angereicherter Form unseren Nachfahren weiterzugeben, wenn wir die Kette der Generationen abbrechen und unser und unserer Nachfahren Erbe verprassen – dann, ja dann frohlockt IS als an sein Ziel gelangt. Dann haben wir es verdient, zur fetten Beute der Moslems zu werden.

Es stimmt: der einzige Schwachpunkt, der verhindern könnte, dass die islamische Eroberungsstrategie Europas aufgeht, ist ein neu erwachender starker Zusammenhalt der Völker Europas: Sie würden erzittern, wenn es zum Beispiel eine starke deutsche Bewegung gäbe, die sich mit dem Ruf Deutschland, einig Vaterland! auf ihr Erbe besinnt und aus der Kraft ihrer langen Geschichte schöpft. Wenn die Völker Europas aufstehen, sich der ihnen feindlich gesonnenen Regierungen entledigen und ihr nationales Interesse wahrnehmen. Ein purer Verfassungspatriotismus – dass nur alle die Regeln einhalten und nicht schwarzfahren, jedenfalls solange sie nicht erwischt werden – wird uns nicht retten, er ist eine Karikatur jedes echten Patriotismus und wird den Weg in den Verfall nicht aufhalten.

Veröffentlicht: Dienstag, den 17. November 2015